Das himmlische Lama "Yacana"

Die Geschichte vom weissen Lama

Wie der Stern, der Yacana genannt wird, vom Himmel herab kam, um Wasser zu trinken.

 

Der Stern, den wir als Yacana kennen, ist der Inbegriff aller Lamas. Yacana bewegt sich im Zentrum des Himmels, im Fluss - damit ist die Milchstrasse gemeint. Es ist sehr gross, hat zwei Augen und einen langen Hals. Es wird immer grösser und schwärzer, wenn es näher kommt. Yacana trinkt das Wasser aller Quellen. Wenn ein Mann Glück hat, fällt es auf ihn. Alles ist dann mit seiner Wolle bedeckt; die Wolle erdrückt den Mann fast. Dann scheren die Männer die Wolle. Dies geschieht nachts. Wenn es Tag wird, bemerken die Männer die bunte Wolle: Sie ist blau, weiss, schwarz und braun.

 

Besitzt der Mann, auf den Yacana gefallen ist, keine Lamas, so läuft er sofort los und kauf ein weibliches und ein männliches Lama. Diese vermehren sich, und bald besitzt er mehrere tausend Lamas. So muss es früher vielen Leuten in dieser Provinz ergangen sein. Aus Dankbarkeit verehrt der Mann die Wolle der Yacana an dem Ort, wo er es geschoren hat. Es wird erzählt, dass Yacana um Mitternacht, wenn es keiner sieht, das Wasser des Meeres austrinkt. Würde es das nicht tun, würde das Meer sintflutartig die ganze Welt überschwemmen.

Die Inka haben die schwarzen Flecken innerhalb der Milchstrasse interpretiert und darin Figuren gesehen. Bild: destino-gusto.de
Die Inka haben die schwarzen Flecken innerhalb der Milchstrasse interpretiert und darin Figuren gesehen. Bild: destino-gusto.de

Deutung des Mythos

Astronomisch betrachtet kann der Moment, in dem das Yacana um Mitternacht trinkt, nur der 23. Oktober sein, wenn alpha und beta-Centaurus unsichtbar sind. Das himmlische Lama trinkt Meerwasser jedoch nicht allein, um die Sintflut zu verhindern, denn möglicherweise ist im Mythos damit auch die Tätigkeit angedeutet, Salz herzustellen, da es die Vorstellung gibt, Salz entstehe aus dem Urin weisser Lamas.

 

Das Lama als Sternbild

Auch in den Anden orientieren sich Hirten und Bauern traditionell an den Veränderungen des Sternenhimmels, um den richtigen Zeitpunkt für bestimmte Feste oder Arbeiten festzulegen. Eine wichtige Orientierungshilfe sind dabei die Positionen von Sternbildern. Ähnlich wie bei unseren Tierkreiszeichen werden irdische Erscheinungen, z.B. Tiere, bestimmten Gruppierungen von Sternen zugeordnet. Das himmlische Lama ist für die Menschen in den Anden eines der wichtigsten Sternbilder der Milchstrasse. Im Süden ist es fast das ganze Jahr über als dunkler Fleck zu sehen. Zwei Sterne aus dem Sternbild Centaurus (alpha und beta) finden sich im Hals des Lamas wieder, ein Stern aus unserem Sternbild Skorpion (ypsilon) in senem Schwanz.

Titelbild auf dieser Seite: Destino Cusco